Das Jahr 2021 steht auch für Langstreckenfahrer im Radsport im Zeichen einer vorsichtigen Öffnung. Fielen noch in 2020 die sogenannten Brevets pandemiebedingt aus, wurden sie in 2021 unter coronagemäßen Vorgaben abgehalten. Ziel bei den nicht als Rennen angelegten Rad-Brevets ist es, eine vorgegebene Strecke von 200 km, 300 km, 400 km oder 600 km in einem vorgegebenen Zeitlimit zu absolvieren. Auf der Route sind vorgegebene Kontrollstellen in bestimmten Zeitfenstern anzufahren. Nach diesen Regeln organisierte in 2021 ein Veranstalter einen Radmarathon von Berlin nach München; zusätzlich konnte auch die Rückfahrt von München nach Berlin absolviert werden.
Für die BikeSportBühne Bayreuth, die sich besonders der Jugendarbeit im wettkampforientierten Mountainbike-Sport widmet, nahm Gebhard Rittger auf der One-Way-Strecke Berlin-München teil.
Am 29.7.2021 starteten gegen 8.00 Uhr ca. 120 StarterInnen am Berliner Olympiastadion Richtung München. Bei strahlendem Sonnenschein ging es zur ersten Kontrollstelle Leipzig (ca. 200 km), die man bis spätestens 21:00 Uhr erreicht haben musste. Die scheinbar flache Anfangsetappe mit knapp 700 Höhenmeter war jedoch aufgrund zunehmender Hitze und permanenten Gegenwindes durchaus fordernd. Das Fahrerfeld zog sich naturgemäß schnell auseinander und jeder-von einigen wenigen Gruppen abgesehen-fuhr bald sein eigenes Tempo.
Die Kontrollstelle in Leipzig war um 17:30 Uhr erreicht, nach einer kurzen Verpflegungspause und Auffüllen der Wasserflaschen ging es weiter Richtung Waldershof/Marktredwitz. Vorgegebene Ankunftszeit dort war spätestens am 30.7.2029 14:00 Uhr.
Die Strecke von ca. 220 km durch Vogtland und Fichtelgebirge zeichnete sich durch fordernde Steigungen (insgesamt ca.2300 hm/bis 12%) aus, wobei der tagsüber starke Gegenwind während der Nachtfahrt etwas abflaute. Die Kontrollstelle war zweieinhalb Stunden vor dem Zeitlimit erreicht. Danach ging es gleich weiter Richtung Regensburg, das Zeitlimit für die dortige Ankunft hatte der Veranstalter auf 22:00 Uhr festgelegt. Diese Etappe von weiteren 150 km begann sofort mit einem 8,2 km langen Anstieg. Bei anhaltender Hitze und Gegenwind führte die Route kurzzeitig über eine unbefestigte Schotterfläche und der Schlauch des Hinterrades war defekt. Der erforderliche Schlauchwechsel führte zu einer leichten Verzögerung. Ca. 50 km vor Regensburg musste eine Baustelle durchfahren werden, ein erneuter Defekt am Schlauch des Hinterrades war die Folge und ein weiterer Wechsel angesagt. Mittlerweile stand das Erreichen des Zeitlimits für die Kontrollstelle Regensburg infrage. Nach einigen hügeligen Passagen begann jedoch die bis nach Regensburg führende Flachetappe von ca. 35 km. Trotz einsetzenden schweren Unwetters konnte die Kontrollstelle in Regensburg exakt zum Zeitlimit erreicht werden.
Dort bestand die Möglichkeit zu duschen und eine Schlafmöglichkeit zu suchen. Das Unwetter führte dazu, dass sich ca. 50 Teilnehmer in den Kellerräumen des dortigen Sportheims auf ca. 20 Matratzen und im Übrigen auf Bänke und Böden für eine Zwangspause verteilten. Nachdem bei Ankunft nunmehr Vorder- und Hinterrad platt waren, war erst einmal ein doppelter Schlauchwechsel angesagt.
Die Weiterfahrt erfolgte wiederum individuell, das Gros startete gegen 6:00 Uhr. Die restlichen 133 km bis zum Zielort München und die drei letzten herausfordernden Anstiege wurden bei angenehmen Temperaturen und bewölktem Himmel und einer Ankunftszeit von 9 Stunden vor Kontrollschluss absolviert.
Nach einer Fahrzeit von 39 Stunden, 700 km, knapp 5000 Höhenmeter und vier gewechselten Schläuchen war das Brevet erfolgreich beendet.
Viele Teilnehmer, die ursprünglich auch die Rückfahrt in Angriff nehmen wollten, nahmen kurzfristig in München oder bereits auf dem Weg nach München, hiervon Abstand. Respekt verdienen diejenigen, die trotz teilweise widriger Witterungsbedingungen auch noch die Rückfahrt nach Berlin in Angriff genommen haben.
gr