Paris-Brest-Paris ist das älteste Radrennen Europas, findet alle 4 Jahre statt und startete am 20. August 2023. Vor den Toren Paris, im weitläufigen Park des Schlosses von Rambouillet, befand sich Start- und Zielpunkt. Knapp 6500 Teilnehmer aus mehr als 60 Nationen wurden ab 16:00 Uhr in Gruppen von ca. 300 Startern im 15 Minuten-Takt auf die Strecke geschickt. 4899 (76,2%) erreichten das Ziel im Zeitlimit. Für die BikeSportBühne Bayreuth nahm Gebhard Rittger zum 2. Mal nach 2015 an diesem Radmarathon teil und benötigte insgesamt 87,22 Stunden. Dazwischen lagen 1219 km und etwas über 12.000 Höhenmeter.
Sein Ziel war es, zunächst bis Brest ohne größere Pause durchzufahren. Nach dem Start um 17:45 Uhr begann ein hektisches Einsortieren in Gruppen. Jeder versuchte, den Windschatten in einer Gruppe zu nutzen, die ein für ihn akzeptables Tempo fuhr. Dabei wurden zum Teil wagemutige Überholmanöver durchgeführt. Dies nur, um den Anschluss zu halten. Dass dies nicht ungefährlich war, zeigte nach ca. 50 km eine Unfallstelle. Dort war offensichtlich ein Teilnehmer auf der Gegenfahrbahn mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidiert. Ca. 20 km weiter lag auf der Gegenseite ein Fahrzeug im Graben. Nach seiner persönlichen Einschätzung ist der Umgang der Teilnehmer untereinander etwas ruppiger geworden. Während in 2015 bei technischen Pannen stets mehrere Fahrer ihre Hilfe angeboten, war dies in 2023 kaum mehr der Fall. Im Vordergrund stand deutlich mehr das Interesse am eigenen Vorankommen. Bis zur 1. Kontrollstation nach ca. 210 km hatte sich die“ Rennsituation“ beruhigt. Die Mehrzahl der Teilnehmer hatte ihre eigene Geschwindigkeit gefunden, das Feld zog sich weit auseinander. Frühere Starter wurden überholt, spätere Starter überholten ihrerseits.
Gebhard Rittger hatte die 1. Kontrollstelle nach achteinhalb Stunden gegen 2:20 Uhr am frühen Montagmorgen erreicht und setzte die Weiterfahrt ohne größere Pause fort. Tagsüber deutete sich an, welche Anforderungen an die Fahrer gestellt werden würden. Die Temperaturen stiegen bei strahlendem Sonnenschein auf über 30°. Dabei forderten permanente und immer länger werdender Anstiege den Fahrern einiges ab. Die tagsüber angefahrenen Stationen boten kostenlos Trinkwasser und im Übrigen auch ausreichende Verpflegungsmöglichkeiten. Größere Pausen wurden dort jedoch nicht eingelegt. Ab Anbruch der Nacht bis zur Ankunft am Wendepunkt in Brest gegen 3.17 Uhr am Dienstag früh wurde es auf den Abfahrten mit deutlich unter 18° spürbar kühler. Die Anstiege blieben schweißtreibend, es ging nur noch darum, Brest zu erreichen. Die eingeplante Ruhepause von 2 Stunden verlängerte Gebhard Rittger auf 4 Stunden, weiter ging es gegen 7:30 Uhr. Im Laufe des Dienstages zeigte sich der Wert der verlängerten Ruhepause, die Temperaturen stiegen auf 42°, die Steigungen waren und wurden unerbittlich, jede verfügbare Rasenfläche am Straßenrand wurde von Fahrern für eine Pause in Anspruch genommen. Zum Teil lagen die Fahrer auf beschatteten Rasenfläche auf einer Länge von 200 m nebeneinander aufgereiht, ohne dass die vorbeifahrenden Fahrer für sich noch ein Plätzchen gefunden hätten. Jeder musste sich der enormen Hitze stellen. Auch hier zeigte sich eine Veränderung des Umgangs miteinander, während in 2015 auf der Rückfahrt nach Paris überholte Fahrer gegrüßt wurden, fand dies in 2023 kaum mehr statt. Die Mehrzahl konzentrierte sich auf sich selbst. Eine wertvolle Unterstützung boten jedoch die vielen begeisterten Enthusiasten am Straßenrand, die den Fahrern kostenlos Tag und Nacht Getränke anboten, diese Angebote wurden sehr gerne und dankbar angenommen.
Nachdem die Passagen mit anspruchsvollsten, sich stets wechselnden Anstiegen und gefühlt viel zu kurzen Abfahrten durchfahren waren und in ein hügeliges/welliges Gelände wechselte, stand in der Kontrollstelle Tinteniac (bei 782 km) eine weitere Ruhepause gegen 0.45 Uhr am Mittwoch an. Dort standen Feldbetten mit Weckdienst zur Verfügung. Nach einer erfrischenden Dusche war eine 3-stündige Schlafpause angesagt. Dies auch, um den besonders belasteten Körperteilen (Hände/Gesäß) eine leichte Ruhepause zu gönnen. Ab 4:00 Uhr morgens erleichterten noch angenehme Temperaturen von knapp 24° eine zügige Weiterfahrt. Bis zur letzten Station Dreux waren noch knapp 2800 Höhenmeter und 300 km zu bewältigen. Kurz nach Mitternacht traf Gebhard Rittger in Dreux ein. Er beschloss erst bei Tageslicht weiterzufahren, da sein Zeitlimit von 11:15 Uhr-Ankunft am Zielort-bei den verbleibenden 42 km eine ausreichende Schlafpause ermöglichte. Statt wie geplant um 6:00 Uhr, fuhr er jedoch erst um 7:30 Uhr weiter, da sein eigener Weckdienst versagte. Ungeachtet dessen wurden die verbleibenden 42 km in knapp 2 Stunden zurückgelegt und das Ziel innerhalb des vorgegebenen Limits erreicht. Die Zieleinfahrt im Park von Rambouillet war spektakulär. Hunderte begeisterte Zuschauer säumten den Wegesrand und jubelten den ankommenden Fahrern zu. Danach ging es zur Zeitkontrolle, die Finisher-Medaille wurde ausgehändigt und die bis dahin unbeantwortete Frage, warum man sich diese Tortur überhaupt angetan hat, blieb weiterhin ungeklärt-auch nach der 2. Erfolgreichen Teilnahme bei Paris-Brest-Paris und einigen dazwischenliegenden Radmarathons wie London-Edinburgh-London oder Berlin-München bzw. Flensburg-Garmisch ist der Reiz, an solchen Langstrecken-Events teilzunehmen, ungebrochen.